Streitkultur ist Deutscher Meister 2010

Die Vorfreude ist groß

Die Vorfreude ist groß

Die Deutsche Debattiermeisterschaft 2010 war nicht nur der Höhepunkt der Saison 2009/2010 für alle deutschsprachigen Debattanten und Debattierer, sondern auch der bisherige Höhepunkt des Erfolgs von Streitkultur e. V.. Zum ersten Mal konnte unser Verein den Titel des Deutschen Debattiermeisters erringen! Philipp Stiel und Peter Croonenbroeck setzten sich im viertägigen Redewettstreit gegen 142 Redner aus ganz Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien durch.

Gastgeber der 10. Deutschen Debattiermeisterschaft war der Debattierclub Münster. Für unseren Verein reisten die Teams Streitkultur Aegis (Philipp Stiel, Peter Croonenbroeck), Streitkultur Dionysos (Pauline Leopold, Christoph Krakowiak) und Streitkultur Orthos (Anne Ilinca, Dominic Hildebrand) und die Juroren Anna Mattes, Mario Dießner und Michael Becker in die westfälische Studentenstadt, der nachgesagt wird, die lebenswerteste Stadt der Welt zu sein. Herrliches Wetter empfing uns und wir freuten uns nicht nur über die schöne Lage des komfortablen Jugendgästehauses am Aasee, sondern auch darüber, all unsere befreundeten Clubs hier wieder zu treffen.

Streitkultur & Friends

Streitkultur & Friends

Die Vorrunden fanden in einer Schule statt, die kaum fünf Gehminuten von unserer Schlafstatt entfernt lag und über einen Spazierweg direkt am Seeufer zu erreichen war. So flanierte man Richtung Regeleinführung während die Streber noch denkbare Themen durchsprachen und die Basis sich das erste Weinchen gönnte. In der Schulaula angekommen, erfuhr man nicht nur, dass die Nutzer der Bildungsanstalt „Ja!“ zur Körperpflege sagen und Isabelle Löwe den Jurorenjob anscheinend als Schlichtung von Streits betrachtet, sondern auch ein paar Details über das Redeformat BPS. Kurz darauf begann dann die erste Vorrunde zum Thema „Dieses Haus würde den Friedensnobelpreis nur noch an Verstorbene vergeben.“ Die Streitkultur-Teams konnten sich über einen gelungen Einstieg freuen und diesen auch gleich in einem lauschigen Biergarten feiern.

Konzentration im Finale der DDM

Konzentration im Finale der DDM (Bild: Rüdiger Gohr, www.gohr-foto.de)

An nächsten Morgen ging es nach einer unfreiwillig kalten, dem Wachwerden dienlichen Dusche früh los, da es bis zum Mittagessen die beiden nächsten Vorrunden zu bewältigen galt. Über die Themen „Dieses Haus würde die Bewahrung des christlich-jüdischen Kulturerbes in Deutschland zum Staatsziel machen“ und „Dieses Haus würde Unternehmen verpflichten, mehr als 25 Prozent ihrer Aktien an Gewerkschaften zu verschenken“ wurde hierbei gestritten. Die Mensa, die wir daraufhin besuchten, wirkte an den Tübinger Verhältnissen gemessen, wie ein Restaurant und beim Speisen wurden die Ergebnisse und Zoten der letzten Debatten ausgetauscht. Überrascht zeigten wir uns insbesondere darüber, dass das ausgewiesen ambitionslose und vollkommen ehrgeizfreie Spaß-Team Bonn Schmidt Schnauze bestehend aus den ¾ Streitkulturlern Volker Tjaden und Tim Richter tatsächlich bereits ein paar Punkte geholt hatte und nicht aus Motivationsmangel schon jetzt den angestrebten „flop-of-tab“-Platz belegte.

Nach einer Mittagspause die von uns und den meisten anderen Clubs zum Sonnenbad am Seeufer genutzt wurde, kam die vierte Vorrunde zum Thema „Dieses Haus würde den verlorenen Sohn wieder wegschicken“, deren Anträge leider nicht für das humoristische Talent vieler der Antrag stellenden Teams sprachen (was ganz anders gewesen wäre, wenn Pauline und Christoph 1. Regierung wären!). Im Anschluss an die Debatten ging es noch einmal zum Umziehen nach dem heißen Tag ins Jugendgästehaus und von dort weiter zu Abendbuffet und Party im Viva. Hier wurde bis tief in die Nacht geplaudert, getrunken und getanzt. Man munkelt sogar, dass eine überaus kompetente Jury den Titel des „Blinden unter den Einäugigen“ an einen der Tänzer vergeben haben soll.

Philipp Finalrede (Video vom Debattierclub Potsdam)

Am nächsten Morgen ging es dann für die Schlafengegangenen und die Feierwütigen gleichermaßen früh weiter mit der fünften Vorrunde und der Forderung „Dieses Haus würde den Eltern von Schulschwänzern das Kindergeld kürzen“. Da dieses die letzte Runde mit Feedback war, hieße es ab jetzt zittern, bangen und überlegen, was die anderen Teams in deinem Raum aufgrund des Power-Pairings über deine letzte Platzierung aussagen könnten. Unter Spannung wurden so in den zwei letzten Vorrunden die Themen „Dieses Haus fordert in Extremsituationen die Diktatur auf Zeit“ und „Dieses Haus fordert ein staatliches psychologisches Gutachten für Priester und Pastoren“ debattiert. Danach hieß es für alle Teilnehmer: Warten auf den Break! Dieser war diesmal besonders hart, da nicht einmal ein Viertel der Teams ihn schaffen würden.

Und so blieb auch den Tübingern ein kleine Enttäuschung nicht erspart: Auf dem 17ten  Platz bei 16 Breakplätzen (und mit nur 3 fehlenden Rednerpunkten über sieben Runden) verpassten Christoph und Pauline den Einzug ins Viertelfinale um haaresbreite. Auch Dominic und Anne war dieser nicht gelungen, dennoch waren wir stolz ihre Platzierung noch fast im oberen Drittel des Gesamttabs. Für Freude sorgten aber die vielen Vereinsmitglieder, die die erste Hürde genommen hatten. So waren nicht nur Philipp und Peter als Redner und Anna, Mario und auch unsere halbe Tübingerin Gudrun Lux als Juroren in den KO-Runden zu bewundern, sondern auch Funny-Volker gemeinsam mit Spaß-Tim (die sich ihren angeblichen Zielen zum Trotz überraschend weigerten, durch ihren Rücktritt den Platz für das erste Nachrückerteam auf der Liste – Dionysos – freizugeben). Das Ausscheiden der einen brachte den Vorteil der anderen, denn so konnte das Team Aegis nun von seinen Clubmitgliedern im Viertelfinale zum Thema „Dieses Haus würde die Idee der Einheitlichkeit und Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland aufgeben“ ausgiebig bejubelt werden.

Peters Finalrede (Video vom Debattierclub Potsdam)

Während die Juroren ihre Pflicht taten, machten sich die übrigen Teilnehmer nach der Debatte auf zur Abendveranstaltung, wo die Streitkulturmitglieder dank ihrer sagenumwobenen Pünktlichkeit fast die einzigen waren, die ohne langes anstehen an ihr Abendessen kamen. Zu spätere Stunde gab es nun nicht nur die Verleihung der Nachwuchspreise an Redner und Juroren, zu denen wir Florian Umscheid und Oliver Henkes ganz herzlich gratulieren, sondern auch den mit Aufregung erwarteten Break ins Halbfinale. Und wieder hatten wir allen Grund zur Euphorie: Philipp, Peter, Spaß-Tim und Funny-Volker hatten es alle ins Halbfinale geschafft! Gebührend beging die Basis nun die Erfolge der schlafenden Streber weinschlürfend am See.

Jubel bricht aus nach der Bekanntgabe der Finalentscheidung

Jubel bricht aus nach der Bekanntgabe der Finalentscheidung (Bild: Rüdiger Gohr, www.gohr-foto.de)

Zur Unterstützung quälten sich dann brav alle Streitkulturler am Sonntagmorgen aus den Betten, in die sie zumeist erst ein oder zwei Stunden früher gefallen waren. Doch ihr Opfer lohnte sich: Zum Thema „Dieses Haus glaubt, ein Staat hat das Recht, ausländische Bankdaten seiner Bürger auszuspionieren“ machten Philipp und Peter als Antragsteller einen überzeugenden Eindruck und wir hatten allen Grund zu hoffen, zum ersten Mal seit 2004 wieder ein Tübinger Team in einem DDM-Finale zu sehen. Mittags wurde bei hochsommerlichen Temperaturen im Innenhof der Aula am Aasee Pizza gegessen und der Finalraum inspiziert. So wurden wir Zeugen eines nicht uninteressanten Missgeschicks: Beim Aufbau der Technik wurde plötzlich das Thema des Finales an die Wand projiziert. Unsere unmittelbare Frage, ob das ein Scherz gewesen sein könnte wurde sogleich durch einen fluchend aus dem Raum laufenden Chefjuror beantwortet.  Um die Chancengleichheit zu bewahren, und gemeinsame Vor-Vorbereitung auszuschließen, entschieden sich die Chefjuroren dann sinnvoller Weise für die sofortige Bekanntgabe der Finalteams. Und so standen wir noch überall verstreut, als die frohe Botschaft verkündet wurde: Unsere Hoffnung hatte sich bestätigt, Peter und Philipp standen im Finale der Deutschen Debattiermeisterschaft 2010! Von allen Seiten des Innenhofs stürzten wir uns auf sie um zu gratulieren, bevor sie zur Vorbereitung verschwanden.

Unser Meisterredner Philipp

Unser Meisterredner Philipp (Bild: Rüdiger Gohr, www.gohr-foto.de)

Etwa eine halbe Stunde später begann nun das große Finale, das neben unseren Hoffnungsträgern noch zwei Teams aus Berlin und eines aus Jena erreicht hatten. Das nun schon bekannte, letzte Thema dieser Meisterschaft lautete „Dieses Haus glaubt, dass militärische Mittel zur Durchsetzung von wirtschaftlichen Interessen gerechtfertigt sind“. Wir konnten dem Jazzquartett, dass während der Beratungszeit der Jurys spielte nur begrenzt zuhören, so aufgeregt waren wir, ob Philipp und Peter es tatsächlich geschafft hätten, zum ersten Mal den Deutschen Meistertitel nach Tübingen in die oft beschworene Wiege des deutschen Debattierens zu holen.

Als schließlich die Sprecherin der Ehrenjury auf die Bühne trat platzten wir fast vor Spannung. Doch unsere Hoffnung wurde zunächst enttäuscht. Sie nannte Filip Bubenheimer aus Berlin als besten Redner. Doch für Trauer blieb uns kaum Zeit, denn ein anderer Vertreter der Ehrenjury kam ans Pult gelaufen um sie zu korrigieren. Und tatsächlich, sie hatte den falschen Namen vorgelesen! Der Titel des besten Redners ging – wie schon 2009 – an unseren Philipp!!! Dennoch sei an dieser Stelle auch Filip aus Berlin noch einmal Hochachtung für eine ebenfalls hervorragende Finalrede ausgesprochen. Nun verstummte unser Applaus noch einmal, denn Sebastian Berg trat ans Mikrofon, um den zehnten Deutschen Meister im Hochschuldebattieren zu verkünden. Als das Wort „Tübingen“ durch die Lautsprecher erklang, gab es für uns kein Halten mehr. Jubelgeschrei, Standing Ovations, Umarmungen folgten und sobald die ersten Fotos gemacht waren, bestürmten wir unsere neuen Meister!

Die Streitkultur-Delegation in Feierlaune nach dem Sieg

Die Streitkultur-Delegation in Feierlaune nach dem Sieg

Vielen Dank an den Münsteraner Club für dieses Turnier und die vielen unermüdlichen und immer außergewöhnlich freundlichen und hilfsbereiten Helfer, die diese zehnte Deutsche Meisterschaft möglich gemacht haben. Und vor allem: Gratulation an Philipp und Peter. Ihr seid großartig! Nichts macht uns stolzer, als dass sich Streitkultur e.V. dank Euch nun endlich Deutscher Meister nennen darf!

Von Pauline Leopold

Das ZDF hat eine Dokumentation über die DDM gedreht, im Fokus steht unser Siegerteam. “Die Macht der Worte” ist jetzt in der ZDF Mediathek zu finden.

Der Debattierclub Potsdam wiederum hat die Finaldebatte hochgeladen. Herzlichen Dank!

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